Zigarren selbst gemacht
Zigarren selber machen ist gar nicht so leicht. Humidoronline hat alle Schritte von der Aufzucht des Tabaks über die Trocknung und Fermentation bis hin zum Rollen der Zigarre getestet. Fazit: Zigarren kaufen geht schneller!
Tabak pflanzen und pflegen
Am Anfang aller Zigarren-Zucht sollte sich der angehende Zigarren-Baron erst einmal einen Überblick über die möglichen und guten Tabaksorten machen. Was möglich ist, kann natürlich nicht der Samen Schmitz um die Ecke leisten, der meist nur den "normalen" und gängigen Virginier - Zigarettentabak im Angebot hat (wenn überhaupt).
Empfehlenswert, und auch von uns in Anspruch genommen, ist das reichhaltige Angebot aus dem Internet. Hier kann man sich z.b. auf einigen Seiten nach individuellen Vorgaben über einen "Sorten-Berater" die richtigen Tabaksamen Mischung aussuchen und bestellen. Aufzuchtsets inklusive!
Wer jedoch die Investition für das professionelle schwimmende Pflanzenanzucht Set scheut, der sollte sich erst einmal den Pflanzkalender anschauen, wann und wie lange so eine Tabakpflanze bis zur Ernte braucht. Nur um mal eine Vorstellung zu geben wie lange so etwas dauern kann hier einige (durchschnittlich gehaltene) Eckdaten:
Die Aussaat beginnt ab Mitte März und kann sich (u.a. bei Zigarrensorten) bis in den Juni ziehen.
Die Keimung kann 1 bis hoffentlich maximal drei Wochen dauern. Danach sollte man die einzelnen Pflänzchen pikieren und in eigene Töpfe geben. Ab der 9. Woche geht´s nach draußen. Eine Woche später das Hacken und Unkrautentfernen nicht vergessen. Drei Wochen später hacken wiederholen. Nicht vergessen die Pflanzen an Stäben hochbinden. Mit der Ernte kann man (wieder hoffentlich) im 4. - 6 Monat nach der Aussaat beginnen. Dabei beginnt man bei den großen Sandblättern und zum Schluss erntet man die oberen Blätter.
Je nach Tabak und nach Beschaffenheit der Aufzuchtsets (Stichwort Motte im Torf) können frühe Rückschläge schnell entmutigen! Also: Nicht zu wenig pflanzen, zu früh ins Freie oder den Unwillen der Natur (Schnecken, Regen, Sonne) aussetzen.
Allgemeine Anfängertipps: Robuste (deutsche) Sorten nehmen; Standort Halbschatten (Sonnenschirme können auch helfen); nicht zu flache Töpfe verwenden (zwei Meter große Pflanzen sind möglich); warm halten (Nachtfröste sind tödlich); Ernte vor der Blüte; Weißfliegen als Schädlinge sind so gut wie sicher.
Auf jeden Fall sollte keines der Blätter während der Aufzucht irgendwie zu Schaden kommen. Risse, Löcher oder Ähnliches machen die Verwendung für Deckblätter ungeeignet.
Tabakblätter trocknen und fermentieren
Hat man nach einer erfolgreichen Aufzucht einige
(große) Blätter geerntet, beginnt der etwas heikle Prozess der Trocknung und Fermentation.
Dadurch sollen Chlorophyll, Kohlenhydrate oder Eiweißverbindungen abgebaut werden, um den Tabak rauchbar zu machen.
Zuerst sollten die Tabakblätter im tiefgrünen Zustand geerntet werden, wenn sie Anstalten machen sich gerade eben heller zu verfärben.
Dieses vitale Blatt kann nun nach der Ernte immer noch Zuckerstoffe abbauen und gibt während des Trocknungsprozesses das Wasser nur sehr langsam ab. Achtung! Die Blätter nie zu dicht auffädeln und aufhängen, weil sie sonst (wie selbst schmerzlich erlebt) vergammeln oder verschimmeln. Heikel wird das Ganze, weil die Blätter nie ganz austrocknen dürfen, damit die Aromastoffe nicht ganz verfliegen.
Sind die Blätter nach der Trocknung nicht mehr grün und trotzdem nicht ganz ausgetrocknet kann die eigene Ernte nun für die Zigarrenproduktion in die Fermentationskammer. Diese künstliche Fermentation ist im Vergleich zur "natürlichen" Stapelfermentation schneller und kann besser kontrolliert werden.
So eine Profi Fermentationsbox gibt es z.B. für lockere 175 Euro. Billiger geht's bei eBay oder im Campingbedarf-Bereich (Kühl-und Wärmebox).
Die Temperatur sollte maximal bis 40°C hochgedreht werden, obwohl natürlich einige Boxen mehr Temperatur erzeugen können. Höhere Temperaturen schaden aber nur. Natürlich sollte eine gewisse Feuchtigkeit bei der Fermentation nicht unterschritten werden. Tropfend nass dürfen die Tabakblätter aber nicht sein. Wir haben immer eine Schale Wasser mit hineingestellt.
Checkliste für die Kammer:
- nur ähnliche Blätter (für eine Fermentationsportion/Päckchen verwendet
- getrocknete Tabak in Portionen nach Beschädigungsgrad vorsortiert (stark beschädigt= Einlage; bessere Qualität = Umblatt; Spitzenblätter = Deckblatt.
- Portionen gut säubern (keine Sandkörner oder Fremdkörper!)
Jede Portion hat natürlich, aufgrund ihrer mehr oder weniger vorhandenen Aromabestandteile unterschiedliche Fermentationszeiten.
Hier sollte man gut ausprobieren um eine persönliche Geschmacksmischung zu erreichen.
Tipps:
- etwa 3 Wochen für die Einlage-Portion
(Achtung! Hierbei niedrig geerntete Blätter wie z.B. Sandblatt nur etwa 2 Wochen fermentieren).
- Umblätter bis zu 4 Wochen fermentieren.
- Bei den Deckblättern kann ein mehrmaliges Fermentieren die Tabakqualität erhöhen. Dazwischen sollte die Deckblatt-Portion ca. 2 Monaten ruhen (im Kühlschrank eingeschweißt zum Beispiel).
Achtung: Eine einmalige Fermentation sollte die Dauer von 4 Wochen nicht überschreiten. Schließlich soll der Tabak ja noch nach etwas schmecken.
Der Test, der das Ende der Fermentation entscheidet ist die so genannte Glimm- und Geruchsprobe. Tabakblatt anzünden und auf ein gutes Aroma hoffen. Stinkt der Tabak noch mehr nach verbrannter Haut oder Wolle gehen die Portionen zurück in die Kammer.
Riecht der Tabak endlich gut wird die Fermentation gestoppt. Der Tabak kommt einen Tag lang bei 4°C in die Kammer und kann dann e n d l i c h zur Zigarre verarbeitet werden.
Zigarren rollen - Ein Erfahrungsbericht mit Bildern
Zum Finale hatten wir alles ordentlich vorbereitet und die Aufgaben waren schnell Verteilt: Zuerst einmal Ordnung schaffen, alles Fotografieren und die geistigen Getränke öffnen. Danach konnte es losgehen. Es ist zu beginn nicht von Nachteil, wenn man einen großzügig bemessenen Arbeitsplatz zum Zigarrenrollen hat. Dazu einen sicheren Sitzplatz und alles in Reichweite: Tabakblätter sortieren nach:
- Einlage (die zerrissenen Blätter),
- Umblatt (ganze Blätter - höchstens etwas angerissen) und natürlich
- Deckblatt (einfach perfekte Tabakblätter).
Dazu kommen:
Schneidebrett, Rundmesser, Sprühflasche (nur mit Wasser) und der Zigarrenkleber.
Bevor man losrollen kann sollten die Blätter feucht (nicht nass) sein. Bei zu trockenen Blättern mit der Sprühflasche nachhelfen und (wenn sie wieder zu nass werden) gegebenenfalls mit sauberen Tüchern abtupfen. Zur Not nimmt man eben den Fön zum Erreichen der korrekten Rollfeuchtigkeit.
Nun sollten alle Blattarten vom dicken Blattstiel befreit werden. Dazu braucht es eine gewisse Geschicklichkeit den Stiel vom Blatt zu trennen, ohne das Blatt großartig zu zerstören. Bitte zuerst an den Einlage-Blättern üben, bevor man an das Um- oder Deckblatt geht. Die Profis "entgräten" mit einem Handroller (ähnlich der Auswechselgeste beim Fußball. Mit der rechten Hand den Blattstrunk vorsichtig von der Blattspitze her fassen und mit der linken die Blatthälften festhalten. Dann den Blattstrunk um die linke Hand drehen und dabei möglichst nicht zu zaghaft sein! Sonst zerreißt das Blatt erst recht.
Sind die Blätter nun so befeuchtet, sortiert und ohne Blattstrunk kann's ans eigentliche Drehen der Zigarre gehen: zuerst einmal nimmt man (der Größe der Pressform entsprechend. genügend Einlageblätter, die man länglich anordnet.
Achtung! Tabakblätter nur längs zusammenfalten und nicht verdrillen oder gar quer zur Rauchrichtung "verlegen". Der Rauch soll schließlich durch den Tabak ziehen können.
Umblätter, die nun die Einlage fest umschließen sollen, sollten wenig bis gar keine Risse oder Löcher haben. Umblätter, wie Deckblätter sind nicht mehr als halbmondartig geschnittene Tabakstreifen, die man (nur an den Rändern mit Zigarrenkleber versehen) um die Einlage wickelt. Nicht zu dicht wickeln! Das Umblatt sollte bei jeder Wicklung höchstens ein Viertel des schon aufliegenden Tabaks bedecken. Dabei nicht zu locker wickeln, sonst gibt's hinterher keinen ordentlichen Abbrand.
Die nun entstandene "Puppe" wird in der hölzernen Zigarrenpresse (bei uns war es ein Perfecto-Format) in Form gebracht. Spätestens hier wird schnell klar, ob die Füllung ausreicht für die Zigarre. Zu wenig Tabak ist hier unverzeihlich, zuviel Tabak kann man immer noch abschneiden. Also beim Rollen ruhig etwas großzügiger sein.
Je nachdem wie schnell man sich beim Puppendrehen anstellt, kann man die Presse auf ein Mal befüllen und dann etwa eine viertel bis halbe Stunde warten. Schraubzwingen und Bretter in Länge der Zigarrenpresse sorgen für den nötigen Druck. Eine Tischplatte kann hierbei die Stabilität bringen.
Nach dem Pressen die Puppen vorsichtig aus den Formen nehmen und mit dem Messer am Kopf und Fuß die überschüssigen Tabakblätter entfernen.
Das Deckblatt sollte schon bei der Auswahl und beim Zuschneiden einen perfekten Eindruck machen. Keine Löcher, keine Risse, schöne einheitliche Farbe und gleichmäßig feucht.
Geschnitten wird der Tabakstreifen in Form eines an beiden Enden abgeflachten Halbmondes. Außenränder mit Kleber versehen und Puppe auf dem Tisch aufliegend in das Blatt wickeln. Dabei hilft, wenn das Deckblatt senkrecht vor einem liegt (Blattadern gehen nach rechts oben weg) und die Puppe rollt sich in einem 45Grad Winkel ein.
Kurz vor dem Kopf das Deckblatt so zurechtschneiden, dass nichts von der Spitze über steht. Sonst kann man auch das Ende zu einem kleinen Zipfel zusammenzwirbeln.
Die Zigarre ist eigentlich nun fertig.
Frisch rauchen sollte man sie nur innerhalb von 24 Stunden. Danach kann die junge Zigarre ziemlich schnell in ihre "kranke" Phase eintreten. Es entsteht ein Amoniakgeruch, der das Rauchen dieser Zigarre verhindert. Ist dieser verschwunden ist die Zigarre "reif" zum Rauchen. Bei der Lagerung bitte darauf achten, dass diese Selbstgedrehten nicht anfangen zu Schimmeln, oder auszutrocknen. (Lagerung in einem eigenen Humidor bei nicht unter 60 und nicht über 72 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit). Sonst wäre die ganze, viele Arbeit leider umsonst gewesen.
Unser Fazit: "Zigarren kaufen geht schneller!"